Schon die Tatsache, dass ich einen Blog über Großbritannien habe, zeigt, dass mich das Land fasziniert. Im Laufe der letzten 12 Jahre habe ich nicht nur dort gelebt, sondern auch zahlreiche Urlaube in Großbritannien verbracht. So einfach erklären lässt sich meine Faszination jedoch nicht, da es auch diverse Dinge gibt, die ich weniger an Großbritannien mag und die mich davon abhalten, dort dauert dauerhaft zu leben.

Um dem Thema auf den Grund zu gehen, habe ich eine Übersicht mit Punkten erstellt, die ich an Großbritannien besonders schätze oder eben weniger. Hier also meine ganz persönliche Meinung zu Großbritannien. Ich bin gespannt, ob sich diese mit Eurer Wahrnehmung deckt.

Was ich an Großbritannien schätze

1. Herzlichkeit der Briten

Ich habe die Briten bisher immer als sehr höflich und freundlich empfunden. Was ich besonders schätze, ist, wie einfach man mit ihnen ins Gespräch kommt. Gerade, da ich viel allein reise, ist es schön, immer wieder auf nette Menschen zu stoßen, mit denen man sich unterhalten kann.

Ich habe es schon mehrfach erlebt, dass ich in einem Café oder Restaurant saß und Gäste am Nebentisch ein Gespräch mit mir angefangen haben. Als ich z.B. das National Motor Museum in Beaulieu besuchte, hat sich einer der Angestellten locker eine Stunde Zeit genommen, um mir alles zu erklären und sich mit mir zu unterhalten. Das habe ich sonst noch nirgends erlebt.

Auch als ich in London gearbeitet habe, hatte ich eine tolle Zeit mit meinen Kollegen. Wir sind abends oft noch zusammen auf ein paar Drinks ins Pub gegangen. In Deutschland habe ich mich höchstens ab und zu mal mit Kollegen getroffen und in der Schweiz treffe ich mich ausserhalb der Arbeit so gut wie nie mit Kollegen. So ausgelassen, wie während meiner Zeit in London war es zudem nie.

Was ich ebenfalls schätze, ist der grenzenlose Optimismus der Briten. Sie sind immer gut drauf und positiv eingestellt – auch wenn es ihnen gerade nicht so gut geht. Diese Einstellung finde ich wirklich bewundernswert. Insbesondere, da bei mir selbst das Glas meist eher halb leer ist.

Englische Polizisten Windsor

2. Mix aus altem Empire und Moderne

Ich glaube kein Land der Welt zelebriert seine royale Geschichte so sehr wie die Briten. Schon am Merchandise sieht man, wie gut es die Briten schaffen, ihr Land zu vermarkten. In Städten wie London gibt es unzählige Läden, die Souvenirs mit dem Union Jack oder der königlichen Familie anbieten.

Gerade in den großen Städten prallen auch zwei Welten aufeinander: Man sieht viele historische Gebäude und direkt daneben moderne Wolkenkratzer. Ein Beispiel dafür ist der Blick von der Millenium Bridge auf St. Paul’s Cathedral in London. Oder das Viertel Canary Wharf in London. Wo sich einst Lagerhallen für den Seehandel befanden, stehen nun moderne Wolkenkratzer. Das gleiche gilt für die Kanalviertel in Manchester und Liverpool, die modern saniert wurden, in denen aber auch noch historische Gebäude erhalten blieben.

Weitere Beispiele für «altes Empire» sind die vielen viktorianischen oder georgianischen Häuser, in denen die Briten noch heute leben, sowie die liebevoll gepflegten Parkanlagen mit Elementen aus früheren Jahrhunderten.

Ich persönlich mag diesen Mix sehr. Insbesondere, wenn «alt» und «neu» geschickt miteinander in Einklang gebracht werden.

Saint Pauls Cathedral

3. Einzigartige Landschaften

Die Landschaften in Großbritannien sind einzigartig und reichen von traumhaft schönen Küstenabschnitten über grüne Hügelketten bis hin zu mystischen Gebirgen oder Mooren.

Im Süden Englands findest du traumhaft schöne Küstenstreifen mit außergewöhnlichen Felsformationen wie Durdle Door, Old Harrys Rocks oder die Kreidefelsen von Dover. Besonders schön ist die Grafschaft Cornwall, im äußersten Südwesten von Großbritannien. Hier befinden sich auch einige der schönsten Strände Europas. Bekannt wurde die Grafschaft vor allem durch die zahlreichen Romane und Verfilmungen der britischen Autorin Rosamunde Pilcher.

In der Mitte Englands ist vor allem die Region Cotswolds sehenswert, die für ihre grüne Hügellandschaft, imposanten Herrenhäuser, schöne Gartenanlagen und malerischen Orte bekannt ist. Hier befinden sich auch die altehrwürdige Universitätsstadt Oxford sowie Castle Combe, eines der schönsten Dörfer des Landes. Nicht umsonst wird die Region auch als «Herz Englands» bezeichnet.

Wirklich aussergewöhnlich ist aber die Landschaft der schottischen Highlands und Inseln. Bei meiner Rundreise durch Schottland musste ich immer wieder staunend anhalten und den atemberaubenden Anblick der Lochs und Berge genießen. Ich hatte fast das Gefühl, mich auf einem anderen Kontinent zu befinden.

4. Malerische Dörfer & Kleinstädte

In Großbritannien gibt es viele kleine Städte und malerische Dörfer, die einen Besuch wert sind. Einige Städte wie Oxford, Cambridge oder Bath kennst du sicher. Ich persönlich mag Bath besonders gerne. Die Stadt ist mit ihren römischen Bädern, den vielen georgianischen Gebäuen und dem Fluss Avon einfach wunderschön. Zudem ist Bath eingebettet in die wunderschöne Hügellandschaft von Somerset. Ich kann einen Besuch daher nur empfehlen.

Im Gegensatz zu den Städten sind dir die Dörfer aber vielleicht weniger bekannt. Dabei sind diese mitunter noch interessanter als die Städte. Einzigartig werden die Dörfer vor allem durch ihre schmalen Straßen, traditionell englische Cottages, die sich aneinanderreihen, und die vielen bunten Blumen in den Gärten oder an den Fenstern. Die besonders schönen Dörfer sind zudem meist von einer außergewöhnlichen Landschaft umgeben.

Hier eine kleine Auswahl an englischen Dörfern und Kleinstädten, die als besonders schön gelten:

1. Bibury, Gloucestershire
2. Castle Combe, Wiltshire
3. Port Isaac, Cornwall
4. Shaftesbury, Dorset
5. Whitby, Yorkshire
6. Witney, Oxfordshire
7. Turville, Buckinghamshire
8. Robin Hood`s Bay, Yorkshire
9. Whistable, Kent
10. Weymouth, Dorset
11. Egol, Isle of Skye
12. Stanton, Gloucestershire

Ich liebe es, durch kleine Orte wie diese zu schlendern und die einzigartige Atmosphäre aufzusaugen. Man fühlt sich fast ein bisschen wie in einem englischen Roman.

5. Afternoon Tea

Eine Tradition, die ich an Großbritannien besonders schätze, ist der Afternoon Tea. Das kann auch daran liegen, dass ich mit der deutschen Version von «Kaffee & Kuchen» am Sonntag aufgewachsen bin. Den Afternoon Tea mag ich aber besonders, weil ich sowohl Scones mit Clotted Cream als auch Cream Tea liebe. Zudem finde ich die Auswahl an kleinen Sandwiches mit Gurken, Ei oder Lachs toll.

Wenn ich in Großbritannien unterwegs bin, schaue ich daher immer, dass ich mir mindestens einmal den Afternoon Tea gönne. Sei es in einem kleinen Café auf dem Dorf oder in einem schicken Hotel. Mein Highlight bisher war der Afternoon Tea auf der Royal Yacht Britannia in Edinburgh. Das lag nicht nur an den Scones oder Sandwiches, sondern auch an der einzigartigen Atmosphäre auf dem Schiff und dem Ausblick auf das Meer.

Tea Time: Royal Tea

Was ich an Großbritannien weniger mag

1. Halbherzigkeit & Vernachlässigung

Was mir in Großbritannien immer wieder auffällt, ist wie wenig Sorgfalt in Arbeit gesteckt wird, und wie verwahrlost viele Gebäude, Straßen usw. sind. Man hat den Eindruck, Aufgaben werden oft nur halbherzig umgesetzt oder sich an Mängeln auch einfach nicht gestört.

Hier ein paar Beispiele aus Meiner Erfahrung:

  • Als ich in London lebte, war in den Häusern bzw. Wohnungen, in denen ich gewohnt habe, immer mal wieder etwas defekt und es wurde entweder gar nicht oder nur sehr halbherzig repariert. Bei meiner Badewanne wahr z.B. die Umrandung locker. Die wurde dann einfach mit Klebeband fixiert. Das kaputte Geländer im Hausgang wurde nie repariert und auch der Lichtschalter funktioniere einfach nie.
  • Die Züge in London fielen regelmässig aus. Die Gründe dafür waren höchst kurios: z.B. Blätter auf den Gleisen, kein Fahrer, schlechtes Wetter usw. Oder sie wurden einfach umgeleitet, so dass ich dann schauen konnte, wie ich nach Hause kam. Bei Schnee ging gar nichts mehr. Da durfte ich dann nach Hause laufen, was auch nur etwas über zwei Stunden gedauert hat.
  • Wenn man im Restaurant oder im Pub sitzt, merkt man oft, dass der Tisch wackelt, das Besteck nicht richtig sauber ist oder das Getränk schon abgestanden ist.
  • Die Häuser sind sehr schlecht isoliert und vor einigen Häusern in den Städten liegt auch Sperrmüll.

Für viele mögen dies Kleinigkeiten sein, aber mich stört sowas ungemein. Da merke ich dann doch, wie penibel ich bin.

Manchester heruntergekommene Strasse

2. Ungesundes Essen

Bei diesem Thema war ich ehrlich gesagt etwas hin und hergerissen, denn man kann es natürlich nicht pauschalisieren. In London gibt es eine riesige Auswahl an Restaurants, die unglaublich leckeres Essen aus allen Teilen der Welt servieren. Wenn ich nach London reise, steht «Essen gehen» daher ganz groß auf meiner To-Do-Liste. In anderen Städten ist es ähnlich. Zudem gibt es in Großbritannien hervorragende indische Restaurants.

Schaut man sich die traditionell englische Küche und das Essen in ländlicheren Gebieten an, schaut das schon anders aus. Als ich beispielsweise meine Rundreise durch Südengland gemacht habe, war es für mich sehr schwierig gesundes und leckeres Essen zu finden. In vielen Restaurants gab es nur Burger oder Frittiertes. Als ich dann in Plymouth ein Sushi-Restaurant gefunden hatte, habe ich mich total über die Abwechslung gefreut. Bis ich gesehen habe, dass Mayo auf dem Fisch war. Da war die Freude sofort vorbei! Pfui!

Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass ich in meinem Jahr in Großbritannien sage und schreibe 26 Kilo zugenommen habe. Aufgrund meines langen Arbeitswegs habe ich oft ungesundes Essen (z.B. Sandwiches oder Fast Food) unterwegs gegessen. Zudem war ich oft abends noch mit Freunden aus und habe dann Burger im Pub gegessen. Leider bin ich das Gewicht auch nie wieder losgeworden.

Fish & Chips

Was mich traurig stimmt

1. Steigende Armut

Die Briten sind sehr stolz auf ihr Land. Umso trauriger stimmt es mich, wie Großbritannien in den letzten Jahren wirtschaftlich abgerutscht ist. Dies liegt nicht «nur» am Brexit, sondern begann schon vorher aufgrund der Politik der Torries. Diese sieht Sparmaßnahmen im sozialen Bereich (z.B. beim staatlichen Gesundheitssystem NHS) vor und gleichzeitig Steuersenkungen für die Reichsten des Landes. Der Krieg in der Ukraine hat Großbritannien dann besonders hart getroffen. Inzwischen sind Millionen Briten von Armut betroffen.

2. Erschwerte Einreise

Zudem finde ich es schade, dass durch den Brexit die Einreise nach Großbritannien heute deutlich schwieriger ist als noch vor ein paar Jahren. Inzwischen braucht man für Großbritannien einen Reisepass. Laut einem kürzlich erschienen Spiegel-Artikel verfügen aber nicht einmal die Hälfe der Deutschen über einen Reisepass. Gerade Schulen weichen für Klassenfahrten daher auf Länder wie Irland oder Malta aus. Das finde ich sehr schade!

Wie du siehst, überwiegen die Dinge, die ich an Großbritannien mag, deutlich. Wie geht es dir? Welche Dinge magst du an Großbritannien und welche weniger? Hinterlasse doch einen Kommentar mit deiner Meinung.

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